Aphasie und Sprechapraxie

Was bedeutet eine Aphasie?

Das aus dem Griechischen abgeleiteten Wort „Aphasie“ bedeutet übersetzt soviel wie „fehlende Sprache“. Es handelt sich um eine Störung der Sprache, die aufgrund einer erworbenen Hirnschädigung auftritt. In den meisten Fällen wird sie durch eine Läsion in der linken Großhirnhälfte ausgelöst. Die Sprache ist bei allen Rechtshändern und bei einem Großteil der Linkshänder in der linken Hirnhälfte lokalisiert.
Störungen der vier Sprachmodalitäten: Sprachproduktion, Sprachverständnis, Lesen und Schreiben, können hierbei in unterschiedlichem Ausmaß und variierender Zusammensetzung bei den Betroffenen auftreten. Ca. 12 Wochen nach dem Ereignis, findet eine Syndromklassifikation statt. Man unterscheidet vier Standardsyndrome. 80-90% der Betroffenen können in eines dieser Schemata eingeteilt werden.

  • Globale Aphasie (Leitsymptom: Sprachautomatismen)
  • Wernicke-Aphasie (Leitsymptom: Paragrammatismus)
  • Broca-Aphasie (Leitsymptom: Agrammatismus)
  • Amnestische Aphasie (Leitsymptom: Wortfindungsstörungen)

Sonderformen oder nicht eindeutig klassifizierbare Aphasien können ebenso auftreten.

Wodurch kommt es zu einer Aphasie?

Die häufigste Ursache ist mit ca. 80% der Schlaganfall (Apoplex). Aber auch ein Schädel-Hirn-Trauma (10%) kann Ursache einer Aphasie sein. Weniger häufig, aber dennoch mögliche Auslöser können sein:

  • Hirntumore (7%)
  • Hirnatrophien (1%)
  • Entzündliche Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) (1%)
  • Sauerstoffmangel (1%)

Welche Symptome kann eine Aphasie mit sich bringen?

  • Automatisierte Sprachelemente
    Beispiel: Wiederholungen einer Äußerung des Gesprächspartners mit oder ohne leichte Umformung
    –Gesprächspartner: „Wo steht dein Auto?“ Betroffener: „ Ja, wo steht mein Auto, das steht in der Tiefgarage.“
  • Paragrammatismus
    Beispiel: Verdopplungen von Satzteilen
    — „Ich habe ja Trompete gerne im Verein Trompete gerne gespielt.“
  • Paraphasie
    Beispiel: Lautliche Veränderungen eines Wortes durch z.B. Auslassungen einzelner Laute
    — „ Mein Buder hat gesagt, ich soll mehr trinken bei der Hitze.“
  • Neologismus
    Beispiel: Nomenkomposita
    — Ich esse gerne Tomatenschrank.“
  • Suprasegmentale Störung
    Beispiel: Nicht flüssige Sprachproduktion
    — „Ich…ähm…ich möchte…ähm…hab ähm ja…“
  • Wortfindungsstörung
    Beispiel: Störung in der Wortbedeutung
    — „Ich gehe ähm ich gehe später ins na wie heißt das noch mal…ähm ins Kino…nein…also ich gehe später ins…ja egal.“
  • Betroffene können zudem Schwierigkeiten im Umgang mit Zahlen (Akalkulie) oder/und Probleme beim Lesen (Alexie) oder/und Schreiben (Agraphie) aufweisen.

Weitere Begleiterscheinungen können sein:

  • Epilepsien
  • Hemiparesen (unvollständige Halbseitenlähmung)
  • Hemiplegien (vollständige Halbseitenlähmung)
  • Schluckstörungen (Dysphagie)
  • Gedächtnisstörungen
  • Aufmerksamkeitsdefizite
  • Apraxien (Um nähere Informationen zu erhalten, siehe Artikulationsstörungen VED)
  • usw.

Welche Faktoren beeinflussen den Verlauf einer Aphasie und wie sieht die Prognose aus?

Bei der Wiederherstellung der betroffenen Funktionen, spielt eine Vielzahl an Faktoren eine Rolle.

  • Alter
  • Ätiologie (Ursache)
  • Betroffene Hirnhälfte
  • Soziale Umgebung
  • Ausmaß der Hirnschädigung
  • Ausmaß der Symptome
  • Vorerkrankungen (Bsp. vorangegangener Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Initiale Blaseninkontinenz, kognitive Defizite etc.)

Drei Phasen der Aphasie:

  1.  Akute Phase (4-6 Woche nach eintreten der plötzlichen Hirnschädigung)
    –Symptomatik ist wechselhaft
    –Jede dritte bis vierte Aphasie bildet sich noch im Akutstadium spontan zurück
  2.  Postakute Phase (7-12 Woche nach eintreten der plötzlichen Hirnschädigung)
    –Unerwartete Rückbildungen der Symptome sind noch möglich
  3.  Chronische Phase (ab 12 Woche nach eintreten der plötzlichen Hirnschädigung)
    –Abnahme der Spontanremissionen

Es gilt: Je früher mit der Therapie begonnen wird desto besser. Ebenfalls wichtig ist die Eigenmotivation des Betroffenen, denn ohne sie sind Fortschritte innerhalb der Therapie nur schwierig zu erreichen. Ohne Wille und Mithilfe des Betroffenen ist eine erfolgversprechende Therapie nicht möglich.

Vorgehen innerhalb der Therapie:

Das übergeordnete Ziel der logopädischen Maßnahmen besteht darin, kommunikative Fähigkeiten zu erhalten, wiederherzustellen oder zu kompensieren, um somit die Teilhabe am sozialen Leben zu unterstützen. Mögliche Therapiebausteine können z.B. das Verstehen von alltagsrelevanten Wörtern und Sätzen/ Texten (Nachrichten, Zeitungstexten, Gebrauchsanweisungen usw.), Hemmen von Sprachautomatismen, Verbesserung von Self-cueing-Strategien (Hilfsstrategien) oder Verbesserung der Wortfindungsproblematik sein. Diese Auswahl findet stets angepasst an die individuellen Bedürfnisse der betroffenen Person satt. Des Weiteren werden die ausgewählten Ziele kleinschrittig und alltagsnah erarbeitet.

Beispiel:

Herr R. traf sich vor seinem Schlaganfall jeden Mittwoch mit seinen Freunden in einem Lokal. Sein Wunsch ist es nun, daran wieder teilzunehmen.
Daraus können beispielsweise folgende Therapieziele abgeleitet werden:

  • Eigenständiges Aufgeben seiner Bestellung
  • Selbständiges Bezahlen
  • Ermöglichung einer Gesprächsführung mit seinen Freunden