Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung

Was ist eine Zentral-auditive Verarbeitungsstörung (ZAVS)?

Bei einer Zentral-auditiven Verarbeitungsstörung kommt es, laut Definition, zu Störungen in der zentralen Verarbeitung auditiver Stimuli bei intaktem peripherem Hören.

Dies bedeutet, dass weder die normale Hörfunktion beeinträchtigt ist, noch eine Intelligenzminderung vorliegt. Die Störung liegt beim Hörnerven. Dieser leitet Informationen an das Gehirn weiter, welche dann dort weiterverarbeitet werden.
Es wird von einer ZAVS gesprochen, wenn mindestens drei Teilfunktionen betroffen sind.

Was kann die Ursache sein?

Medizinische Faktoren:

  • Hirnreifungsverzögerungen
  • frühkindliche Hirnschädigungen
  • chronische Mittelohrentzündungen

Umwelteinflüsse:

  • in der frühkindlichen Entwicklung kam es zu einem fehlerhaften Lernangebot (dadurch verminderte Vernetzung des Zentralnervensystems)

Welche Symptome gibt es?

Auditive Aufmerksamkeitsstörung:

  • Die Aufmerksamkeit kann nicht kurzfristig oder langfristig auf einen auditiven Reiz gerichtet werden. Das Kind ist leicht ablenkbar.

Speicherstörung:

  • Es können auditive Stimuli, unabhängig von der Reihenfolge, gar nicht oder nur teilweise kurzfristig gespeichert werden. Die auditive Merkspanne kann verkürzt sein. Dies kann z.B. bedeuten, dass Kinder eine Menge von vorgesprochenen Zahlen oder Silben, nicht wiedergeben können oder das Merken von verbalen Anweisungen kann erschwert sein.

Sequenzstörung:

  • Die Menge von auditiven Stimuli kann evtl. wiedergegeben werden, aber nicht in der richtigen Reihenfolge. Oft können Kinder vorgegebene Silben oder mehrere Anweisungen nicht in der richtigen Reihenfolge wiederholen bzw. ausführen.

Lokalisationsstörung:

  • Es wird nicht erkannt aus welcher Richtung und Entfernung eine auditive Reizquelle kommt. Dies kann z.B. im Straßenverkehr zu Beeinträchtigungen führen. Diese Kinder brauchen lange, um zu entdecken aus welcher Richtung eine Schallquelle kommt.

Diskriminationsstörung:

  • Es können auditive Stimuli nicht richtig voneinander unterschieden werden.
    Die Diskrimination kann auch auf nicht-sprachlicher Ebene bezüglich Dauer, Lautstärke und Tonhöhe erschwert sein. Es können z.B. Kanne und Tanne – /k/ und /t/ (Minimalpaarwörter) miteinander verwechselt werden. Es kann auch zu Schwierigkeiten bei der Lautdiskrimination kommen (Ursache einer phonologischen Störung ([sch] – [s]-Verwechslung).    (siehe Unterpunkt „Artikulations- und Phonologische Störungen“).

Selektionsstörung:

  • Von Neben- bzw. Hintergrundgeräuschen können akustisch relevante Informationen nicht getrennt werden. Dies bringt mit sich, dass Kinder von Umweltgeräuschen abgelenkt werden. Vor allem im schulischen Bereich ist diese Fähigkeit wichtig, da Umweltgeräusche großen Einfluss auf die Lernleistungen haben und die Kinder Schwierigkeiten haben ihren Lehrer zu verstehen.

Analysestörung:

  • Einzellaute in Wörtern können nicht identifiziert oder die Position von Lauten in Wörtern (ist der Laut am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Wortes?) nicht richtig bestimmt werden.

Synthesestörung:

  • Das Zusammensetzen von Lauten oder Silben zum ganzen Wort fällt schwer. Dem Zusammengesetzten kann nicht der entsprechende Sinn gegeben werden. Dies wirkt sich auf das Lesenlernen aus.

Ergänzungsstörung:

  • Es ist nicht möglich Wort- oder Satzfragmente zu sinnvollen Äußerungen zu ergänzen.
    -> z.B. wird eine Äußerung (Wort/Satz) durch Husten oder ein anderes Störgeräusch unterbrochen; das Gehörte kann nicht sinnvoll ergänzt werden.

Wie ist die Prognose?

Das Trainieren der Teilfunktionen hilft einer Lese-Rechtschreib-Schwäche entgegenzuwirken bzw. sie zu vermindern.

Wie sieht die Therapie aus?

Behandelt wird nach Teilfunktionsorientierten Therapieansätzen. Dies bedeutet, dass störungs- bzw. symptomorientiert an den auffälligen auditiven Teilfunktionen gearbeitet wird. Es kann bei 4- bis 6-Jährigen oder bei Grundschulkindern angewandt werden und besteht aus einer strukturierten Behandlung, sowie einem kleinschrittigen Übungsprogramm. Der Therapeut spricht z.B. Paare von Lauten vor, bei denen das Kind entscheiden muss, ob es sich um gleiche oder verschiedene Laute handelt (Ebene der Diskrimination).
Es werden auch Einzellaute vorgesprochen wie W-A-L und das Kind soll es zu einem Wort zusammensetzten (Synthese).
Therapiebegleitend können Computer Programme (z.B. „Audiolog“, „Detektiv Langohr“, …) eingesetzt werden.

weitere Anwendungsgebiete (Hörgerät, Cochlea-Implantat etc.):

Auch bei einer Hörstörung, bei der die Funktionsfähigkeit des Mittel- oder Innenohrs beeinträchtigt ist, kann eine logopädische Therapie verordnet werden. Betroffene, die mit einem Hörgerät oder einem Cochlea-Implantat versorgt sind, können in der Behandlung lernen, Geräusche zu erkennen, sowie Sprache wahrzunehmen und zu verstehen.